Die Zecke
Was sind Zecken?
Eigentlich eine doofe Frage oder? Weiß ja jeder: ecklige, absolut unnütze Blutsauger. Ein Fehler der Evolution! Sollte jemand wissen, welchen biologischen Nutzen Zecken erfüllen, kann er mir das gerne mitteilen, ich habe keinen gefunden. Es sind Parasiten mit denen jeder Hundebesitzer und wahrscheinlich auch jeder Wanderer schon mal Bekanntschaft gemacht hat. Ich kann mich bei mir an 2 Zeckenstiche erinnern. Beim Ersten war ich noch ein Kind und relativ unbedarft, das 2. Mal ist noch gar nicht so lange her. Da war ich dann doch schon deutlich nervöser. Aber ich habe beide überlebt. Wahrscheinlich waren es als Kind auch eher noch ein paar mehr, nur erinnere ich mich nicht mehr daran. Ich bin ja auf dem Land groß geworden zu einer Zeit in der Kinder noch Hütten im Wald gebaut haben. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass es nur die eine Zecke war. Aber bei dem Mal an das ich mich erinnere, musste ich auch zum Gynäkologen, weil der grade Notdienst hatte. Ich habe mir das wohl auch nur deswegen so gut gemerkt. War eine skurile Situation, für einen frisch pubertierenden, männlichen Teenager ;)
Themenübersicht:
Was sind Zecken
Wer überträgt was?
Was tun?
Und was macht jetzt der Hundetrainer?
Klassische Irrtümer und Mythen über Zecken
Nach den ganzen möglichen Mittelmeerkrankheiten, die sich Goia bei Zecken holen könnte, war es jetzt mal ander Zeit, die Gefährdungslage vor Ort zu Überprüfen. Know your enemy!
Also: Was sind Zecken?
Sich von Blut ernährende Parasiten und ohne jeden weitern Nutzen für diese Welt. Das haben wir eben schon geklärt. Aber jetzt im Detail: Zecken gehören zu den Spinnenartigen, genauer gesagt zu den Milben. Es gibt über 800 verschiedene Arten auf unserem Planeten. Zecken werden grob in 2 Familien unterteilt Schildzecken (zu denen auch der Gemeine Holzbock gehört) und Lederzecken. Schildzecken haben ihren Namen von dem harten Schild, den sie auf dem Rücken tragen und sind außer in Arktis und Antarktis überall auf dem Planeten vertreten. Der Schild fehlt der Lederzecke, dadurch ist ihre Haut weich und eben lederartig. Sie kommt überwiegend in den Tropen vor (die einzige Lederzecke in Deutschland ist die Taubenzecke).
Nur das Weibchen will an das Blut ihrer Opfer (dazu sag ich jetzt einfach mal nichts ;) ), denn sie braucht es, um Eier zu produzieren. Viele Eier! Ca. 3000 Eier. Und aus jedem schlüpft eine kleine, süße Babyzecke (alle Tierkinder sind süß oder etwa nicht?), die man Nymphen nennt... Einmal mit Blut aufgetankt, kann eine Zecke bis zu 10 Jahre ohne weitere Nahrung überleben (unter Laborbedinugen), der Holzbock in freier Wildbahn durchschnittlich 3-5 Jahre. Eine vollgesaugte Zecke wiegt das 200fache von einer hungrigen! Zecken lassen sich für ihre Mahlzeit viel Zeit. Sie saugen im Extremfall bis zu 15 Tage an ihrem Wirt. Es gibt Zeckenarten, die aktiv auf die Jagd gehen (Auwaldzecke) und es gibt Zecken, die hängen sich an einen Grashalm oder Busch und warten drauf, das ein ahnungsloses Opfer vorbei kommt und die Zecke einsammelt. Um "eingesammelt" zu werden, reichen dem Holzbock Sekundenbruchteile. Er wartet geduldig auf ein Opfer, hat er dieses ausgemacht und wird gestreift, packt er blitzschnell zu und lässt sich mitnehmen. Danach wandert er eine Weile auf seinem Wirt umher, manchmal mehrere Stunden, bis er eine geeignete Andockstelle gefunden hat. Es macht also durchaus Sinn, das ihr eure Hunde nach jedem Spaziergang gründlich auf Zecken absucht. Oft können sie dann eingesammelt werden, bevor es zum Stich kommt. Das ist natürlich umso einfacher, umso kürzer das Fell ist. Ca. 50% der Zecken saugen im Kopf- und Halsbereich des Hundes. Die Beine und der Unterbauch sind aber auch beliebte Bereiche. Im Prinzip gefällt es der Zecke überall da, wo viel Blut fließt und die Haut dünn ist. Erste Erreger können nach 6-12 Stunden übertragen werden, viele davon sind für Mensch und Tier gefährlich. Als Überträger funktioniert beim Menschen aber eingentlich nur die Zecke. Zwar sind Übertragungen durch einen Hund theoretisch denkbar, aber eher unwahrscheinlich, da hierfür mehrere Faktoren (je nach Erreger) zusammen kommen müssten.
Unnützes Wissen: Zwar kann bei uns jeder Zeckenstich potenziell sehr unschön und gefährlich für das Opfer sein, aber in Australien gibt es eine Zeckenart, die ihren Wirt nicht nur aussaugt und zum Dank mit vielen lustigen Viren beglückt, sondern ihn gleich beim Saugen lähmen und töten kann. Eine direkte Todesfolge durch Zecken ist in Deutschland nur möglich durch massiven Blutverlust. Dafür muss der Hund, oder aber auch der Mensch, von oben bis unten voll mit Zecken sein, sodass der Blutverlust für das Opfer nicht zu verkraften ist. Soll schon passiert sein, gehört aber wohl auch eher in die Ecke "Schauergeschichten". Allerdings kann ich mir vorstellen, das grade für kleine Hunde starker Zeckenbefall nicht ungefährlich ist. Sie haben halt auch nicht so viel Blut...
Wer überträgt was?
In Deutschland überwiegend anzutreffen ist der "Gemeine Holzbock". Er lebt auf Wiesen, in Wäldern, Parks und Gärten, ist in der Regel von März bis Oktober aktiv, kann aber bei milden Wintertemperaturen deutlich länger oder ganzjährig aktiv sein. Der Holzbock ist nicht wählerisch bei seinem Wirt. Er bedient sich bei Mensch, Hund, Katze, Rind, Pferd, Reh, Nagern... und ist der Überträger von Borellien und FSME-Viren.
Die Braune Hundezecke ist spezialisiert auf Hunde. Den Menschen sticht sie eher nicht. Sie ist aus Südeuropa eingewandert, aber mittlerweile auch bei uns heimisch. Überwiegend in Süddeutschland, Rheinland Pfalz, Saarland und Brandenburg plagt sie unsere Vierbeiner in den Sommermonaten. Sie kommt ursprünglich aus Afrika und mag es etwas wärmer als der Holzbock, wird also entsprechend etwas später aktiv. Die Braune Hundezecke überträgt Babesiose, Ehrlichiose, Anaplasmose und Hepatozoonose.
Ein weiterer Vertreter der Spezies Zecke, der aus dem Süden in Deutschland angekommen ist, ist die Auwaldzecke. Sie ist überwiegend in Ost- und Süddeutschland anzutreffen und mag es feucht. Sie lebt in Mooren, Überschwemmungswiesen, Brachland und Wäldern. Ihre Aktivitätszeit ist von Februar bis Mitte Mai und von August bis Winteranfang. Sie überträgt z. B. Babesiose, auch Hundemalaria genannt.
Nicht ungenannt bleiben sollen die Igelzecke, die Schafszecke, die Taubenzecke und die Hyalomma-Zecke, die zwar auch alle mal an Mensch oder Hund andocken, dies aber eher selten tun und auf andere Tierarten spezialisiert sind. Deshalb werde ich sie hier auch nicht näher vorstellen.
Was tun?
Zu Beginn sei gesagt, dass sich die Vermutung, das Pancho wahrscheinlich Glück hatte und einfach nicht so interessant für Zecken war, als durchaus möglich erwiesen hat. Es verhält sich bei Hunden und Zecken ähnlich, wie bei Menschen und Mücken: die Eine wird regelrecht zerstochen, der Andere hat nichts oder nur wenige Stiche. Also ist für alle Hundebesitzer die erste Frage: Wie groß ist das Problem bei meinem Hund überhaupt? Welche weiteren, wichtige Fragen würde ich mir stellen, um das richtige Mittel gegen Zecken für meinen Hund zu finden?
Lebe ich in einem Risikogebiet oder nicht?
Ist Urlaub mit Hund geplant?
Wie eng ist mein Hund integriert?
Leben kleine Kinder im Haus?
Wie sensibel ist das Imunsystem meines Hundes?
Hat er vielleicht schon Antikörper gegen bestimmte Erreger?
Chemie oder Natur?
Welche Möglichkeiten gibt es?
Bis auf die Frage nach den Möglichkeiten, ist jede individuell für den eigenen Hund zu beantworten. Machen wir das doch gleich mal beispielhaft ;)
1. Ist mein Hund ein Zeckenmagnet oder eher uninteressant für die Biester?
Für Pancho kann ich sagen, dass er hier auf seinen Hauptgassirouten kaum Zecken hatte. Höchstens nach den Sonntagsausflügen ins Siebengebirge, zu meinen Eltern in den Westerwald, im Kottenforst... also meistens nach Waldaction. Aber selbst da war das Problem nicht so auffällig, wie bei zum Beispiel dem weißen Boxer meiner Eltern. Musste ich Pancho nach so einem Spaziergang durchs Unterholz 3-5 Zecken absammeln, hatte Matti, so hieß der Boxer, 20 oder mehr Zecken auf sich rum krabbeln. Die einzige Ausnahme bei Pancho war der Kroatienurlaub. Da hatte er manchmal auch 20 Blutsauger am Tag im Fell hängen. Da wusste ich aber noch gar nicht, wie gefährlich es dort für ihn hätte sein können. Für Goia bleibt jetzt also erstmal abzuwarten, wie groß das Problem für sie im Alltag wirklich ist.
2. Lebe ich in einem Risikogebiet?
Definitiv nein! Es gibt hier zwar, wie überall in Deutschland, Zecken. Aber in erster Linie "nur" den Gemeinen Holzbock, der überwiegend Borreliose und FSME überträgt. Auf 100.000 behandelte Zeckenbisse kommen hier ca. 200-400 Borrelioseinfektionen. Das muss man aber jetzt noch hochrechnen, denn wie viele Leute gehen wohl wirklich mit ihrem Hund zum Arzt nach einem Zeckenstich? Ich würde wohl auch nur gehen, wenn sich die Stichstelle entzündet oder irgendwie auffällig ist. Verglichen mit anderen Regionen in Deutschland ist das ein sehr niedriger Wert. Auwaldzecke und Braune Hundezecke sollen zwar auch schon gesichtet worden sein, sind aber wie die Sandmücke oder eine Borrelioseinfektion im Bonner Raum wohl tatsächlich eher als Pech zu bezeichnen.
Eigentlich bin ich aber auch ziemlich viel unterwegs, wenn ich mal Zeit habe. Da komme ich bestimmt durch das ein oder andere Risikogebiet in Süddeutschland oder Brandenburg....
3. Ist ein Urlaub mit Hund geplant?
Grade im Moment noch nicht. Aber wie oben bei der ersten Frage angedeutet, habe ich da schon so meine Erfahrungen gemacht und würde das Risiko mit meinem heutigen Wissen nicht mehr eingehen. Da ich mich noch gut dran erinnere, wie viel Spaß Panch in Kroatien hatte, ist zu Hause lassen aber auch keine Option. Ich würde wohl zur "Chemikeule" greifen, um einfach auf Nummer sicher zu gehen. Lieber die Antizeckenchemiekeule, als die Chemiekeule, die nötig ist um später mögliche Infektionen zu behandeln.
4. Wie eng ist mein Hund integriert?
Eng! Pancho lag immer mit auf der Couch und wenn er ins Bett wollte, war da auch immer ein Platz frei...auch wenns manchmal eng war. Als mein Sohn geboren wurde, war der kaum ein paar Stunden alt, als er von 2 Hundenasen interessiert beschnuppert wurde und Pancho sich zum Aufpassen zu ihm gelegt hat. Ich kann also weder Zecken noch Flöhe besonders gut gebrauchen! Genausowenig aber auch einen Hund der Gift über sein Fell verteilt.
5. Leben kleine Kinder im Haus?
Nun ja, ich habe einen kleinen Sohn und der kuschelt auch schon ziemlich gern mit Peach. Mit Goia wirds hoffentlich nicht anders. Außerdem arbeite ich auch mit Kindern. Das heißt immer wieder kleine Kinderhände, die Goia streicheln und dann ihre Hände mit der nächsten Maisstange tief in den Mund stecken. Halsbänder und alles andere, was Nervengift auf der Haut des Hundes und im Fell verteilt ist also mehr oder weniger für den Alltag raus. Auch wenn Halsbänder praktisch gewesen wären. Sie können einfach ausgezogen werden, wenn der Hund schwimmen geht oder den Wirkstoff nicht verträgt. Sie wirken ca. 8 Monate.
6. Wie sensibel ist das Imunssystem meines Hundes?
Gute Frage, das kann ich erst beurteilen, wenn Goia da ist, ich sie ein bisschen kennengelernt habe und wir beim Tierarzt waren. Aber Pancho war der klassische, robuste Mischling. Zumindest nie wirklich krank und hat sich auch von nichts so leicht aus der Bahn werfen lassen.
7. Hat mein Hund vielleicht schon Antikörper gegen Borreliose und ist gar nicht mehr gefährdet?
Da werd ich mich wohl auch erst mit dem Tierarzt drüber unterhalten müssen.
8. Chemie oder Natur?
Eine Frage, wegen der sich im Netz teilweise heftig an die Gurgel gegangen wird, wenn man so durch die Foren und Blogs stöbert. Ich werde versuchen das möglichst neutral zu beantworten. Schon allein weil ich mich nicht irgendeiner Hardcorefraktion anschließen möchte, das ist meistens nicht der richtige Weg. Ich bin grundsätzlich der Meinung: Unterschiedliche Situationen erfordern unterschiedliche Herangehensweisen. Außerdem bin ich ein Freund von Fakten und nicht so fürs esoterische zu haben. Also hier die Fakten:
Fakt Eins: Natur kann definitiv helfen!
Aber nicht bei allen das gleiche Mittel gleich stark und auch nicht zu 100%. Es gibt wirksame Möglichkeiten, die aber alle auch Schwachstellen haben oder recht aufwändig sind (dazu gleich mehr). Auch Naturprodukte können unerwünschte, teils heftige Nebenwirkungen für den Hund haben (Haarausfall, Juckreiz...)! Weiter kann es zu starken geruchlichen Belastungen oder zu allergischen Reaktionen bei Hund und Mensch kommen.
Fakt Zwei: Chemie ist der einzige 100%ige Schutz!
Man muss sich aber im klaren darüber sein, das die verwendeten Mittel teils hochpotente Nervengifte sind, die im Pflanzenschutz eingesetzt werden oder dort teilweise sogar verboten sind. Es muss sich also die Frage gestellt werden, ob der Nutzen den Einsatz rechtfertigt. Auch darf man nicht für Hunde und Katzen die gleichen Mittel verwenden, das kann schwer ins Auge gehen. Bei der ganzen Anzahl an frei verkäuflichen "Chemiekeulen", die teilweise viele Nebenwirkungen haben können, kann ich zwar nicht grundsätzlich von Chemie abraten, aber der Einsatz kommt für mich sehr stark auf die persönliche Zeckenbelastung meines Hundes und den Aufenthaltsort an. Unbedingt sollte man mit dem Tierarzt seines Vertrauens sprechen, statt Experimente mit irgendeinem neuen "Super-Spot-On" aus dem Hundeladen zu machen. Ich weiß von Kunden, dass ihre Hunde nach so einem Versuch mal 2 Tage komplett ausgenockt waren. Also informiert euch auf jedenfall über die Nebenwirkungen und fragt google nach den Inhaltsstoffen, des euch empfohlenen Mittels. Einige sind krebserregend, andere können sogar die Nervenbahnen eures Hundes schädigen. Es gibt so viele, das ich sie nicht alle aufzählen kann. Ein paar werde ich gleich beispielhaft behandeln, um zu verdeutlichen, wie chemisches Spot ons, Halsbänder oder seit einiger Zeit auch Kautabletten auf euren Hund wirken und was sie mit ihm machen.
Fakt Drei: Bernsteinketten sind totaler Quatsch!
Es gibt nicht einen Beleg für ihre Wirksamkeit. Die Leute die euch davon vorschwärmen, haben wahrscheinlich einen Hund, der einfach kein Zeckenmagnet ist oder eine Vorliebe fürs Esoterische. Ich habe dazu einen schönen Text gefunden, den ich hier 1zu1 zitieren möchte: "Ein Bernstein-Halsband ist etwas Geniales: es hilft als Zeckenschutz für Hunde, bei kleinen Kindern hilft es gegen Zahnschmerzen. Man fragt sich nur: Woher weiß das Band, ob es einem Hund oder einem Kind um den Hals gelegt wird? Aufpassen: Bernsteinketten wirken angeblich nicht mehr, wenn der Bernstein poliert wurde – dafür aber, wie praktisch, helfen die richtig guten Bernsteinketten nicht nur gegen Zecken, sondern in einem Aufwasch auch gleich noch gegen Depressionen und Entzündungen. Gegen Magen- und Darmbeschwerden übrigens auch. Ach ja, und gegen Augenbeschwerden." (http://www.bestehunde.de/zeckenschutz-fuer-hunde.html )
8. Welche Möglichkeiten habe ich gegen Zecken?
Viele! Und der Markt an Antizeckenprodukten ist groß. Ihr solltet auf keinen Fall mal schnell "irgendetwas gegen Zecken" kaufen oder ausprobieren, sonder unbedingt mit eurem Tierarzt darüber sprechen! Deswegen stelle ich hier auch nur kurz die gängigsten Möglichkeiten vor und gehe nicht auf einzelne Produkte ein. Was bei dem einen Hund gut wirkt, kann für den nächsten schon wieder völlig unpassend sein.
Mit Abstand am Wichtigsten: ABSUCHEN
1 Mal täglich, besser nach jedem Spaziergang (je nach dem, wo ihr spazieren geht). Die Zecken dann direkt absammeln oder entfernen, falls sie schon angedockt haben. Zum Entfernen der Zecke am besten eine Pinzette oder Zeckenzange/-karte nutzen und die Zecke vorsichtig heraus ziehen. Die Zecke muss dabei nicht in eine bestimmte Richtung gedreht werden, wie früher immer gedacht. Einfach vorsichtig die Zecke nach oben ziehen und dabei nicht den Körper quetschen. Auf gar keinen Fall sollte man zu alten Hausmitteln wie Kleber, Öl oder Nagellack greifen!! Die Zecke stirbt zwar, gibt aber in ihrem Todeskampf noch mal alles an Viren von sich, was geht. Entfernt ihr die Zecke schnell, ist die Wahrscheinlichkeit einer Infektion gering. Die meisten Viren werden erst nach 6-12 Stunden übertragen.
Zeckenschutz zum Umbinden:
Antizeckenhalsbänder haben den Vorteil, das sie sehr lange wirken, ca. 8 Monate, vorrausgesetzt der Hund geht nicht mit dem Halsband baden, denn dann wird der Wirkstoff abgewaschen. Da liegt aber auch der größte Vorteil des Antizeckenhalsband: es kann bei Bedarf abgenommen werden. Der Nachteil: die Wirkstoffe werden ins Fell und in die Haut des Hundes abgegeben. Dadurch bekommt auch der Mensch den Wirkstoff an die Hände, wenn er den Hund streichelt ...und kleine Kinder schnell in den Mund. Abgesehen davon darf Goia (bei entsprechendem Benehmen ;) )ja wahrscheinlich ja auch bald auf die Couch und ins Bett. Da muss wirklich nicht überall Zeckengift verteilt werden. Also schon mal nichts für mich.
Nur Halsbänder, die Akarizide enthalten sind zuverlässig Wirksam. Zum Beispiel Scalibor und Seresto. Akarizide sind Pestizide und Biozide zur Bekämpfung von Spinnentieren und Milben, überwiegend als Pflanzenschutzmittel eingesetzt. In der Tiermedizin werden sie zum Schutz vor Zecken, Flöhen und Mücken eingesetzt. Es gibt eine ziemlich lange Reihe an verschiedenen Akariziden: in der EU zugelassen, nicht in der EU zugelassen, für Hunde in der EU zugelassen. Interessant ist dabei, dass z. B. der Wirkstoff Amitraz keine Zulassung im Pflanzenschutz hat, aber bei Tieren eingesetzt werden darf. Das Nervengift ist für Pflanzen nicht geeignet, aber dann für meinen Hund? Mmh... Aber Halsbänder waren für mich ja eh raus im alltäglichen Gebrauch. Ich erinner mich grade auch daran, dass ich es als Kind immer mega nervig fand, wenn ich mir jedesmal direkt die Hände waschen sollte, nachdem ich den Hund gestreichelt hatte. Damals waren diese Halsbänder aber wohl modern, alle unsere Hunde und Katzen sind damit rum gelaufen.
Zeckenschutz zum Auftragen:
Sogenannte Spot on Produkte werden dem Hund in der Regel mit einer Pipette oder aus einer Ampulle in den Nacken getropft. Von dort wird das Zeckengift in den oberen Schichten der Haut des Hundes verteilt. Bei den meisten Produkten müsst ihr das 1x im Monat wiederholen. Ihr solltet eure Hunde die ersten 4 Tage nach der Anwendung nicht baden lassen oder in starken Regen kommen, da sonst der Wirkstoff ausgewaschen wird. Es sollten nie Hunde-Spot-ons bei Katzen verwendet werden. Sie können Permethrin (z.B. Advantix, Exspot, Vectra 3D) enthalten, was für Hunde unbedenklich, für Katzen aber toxisch ist. Auch hier ist wieder pures Nervengift am Werke. Ich hatte in den letzten 5 Jahre in der Hundeschule 2-3 Fälle, von kleinen Hunden, die nach der Gabe eines Spot ons mehrere Tage lang quasi ausgenknockt waren. Also gilt auch hier wieder: Nicht irgendein Produkt im Hundeladen kaufen, sondern erst mit dem Tierarzt sprechen (die Produkte des Tierarztes sind auch in der Regel zuverlässiger, da in den frei verkäuflichen Spot ons weniger Wirkstoff enthalten ist)...und die Verpackungsbeilage lesen. Z. B. konnte ich in der Beschreibung von einem Frontlineprodukt lesen: Tötet Flöhe und Zecken nach Kontakt innerhalb von 24-48 Stunden. 24-48 Stunden? Wie lange soll denn die Zecke auf meinem Hund herum wandern, bis sie eine Stelle zum Stechen gefunden hat? Das kann zwar schon mal etwas dauern, aber sagen wir nach 24 Stunden Wanderschaft, hat sie einen Platz gefunden. Dann hat sie immer noch 0-24 Stunden Zeit Viren zu verteilen. Wir erinnern uns: im Durchschnitt dauert es 6-12 Stunden bis die Zecke anfängt Erreger zu übertragen. Also immer noch eine recht hohe Wahrscheinlichkeit, dass der Hund infizert werden kann. Dann brauch ich auch die Chemiekeule nicht...
Laut Stiftung Warentest sind hier Frontline und Exspot die besten Produkte...aber über Stiftung Warentest habe ich auch mittlerweile eine...naja, fragwürdige Meinung. Also fragt lieber euren Tierarzt nach Alternativen.
Zeckenschutz zum Waschen, Sprühen, Pudern:
Neben den klassischen Antizeckenmitteln wie Halsbändern und Spot ons, gibt es auch noch eine Menge weitere Produkte, die den Hund vor Zecken schützen können: Shampoos, Sprays und Puder. Auch hier gilt leider: Ist keine Chemie enthalten, sind sie auch nicht besonders effektiv. Beim shampoonieren wird meistens empfohlen selber Gummihandschuhe zu tragen. Ist auch irgendwie alles sagend. Aber gut... das muss am Ende jeder mit sich und seinem Hund selber ausmachen. Neben Waschprodukten gibt es auch Sprays und Puder mit denen der Hund allerdings ziemlich regelmäßig behandelt werden muss, damit sie ihre Wirkung nicht verlieren. Die Wirkweise kann bei diesen stark unterschiedlich sein. Bestimmte Shampoos die Isopropoyphelin enthalten (Bolfo - Flo und Zeckenschampoo oder Beaphar Flo- und Zeckenpuder) töten Zecke und Flöhe sofort bei Kontakt, wirken aber nur für den Moment. Produkte die Fipronil enhalten, wirken über ca. 4 Wochen, also ähnlich wie ein Spot on. Sie brauchen aber auch ca. 48 Stunden um die Zecke zu töten. Wieder andere habend einen Repellenteffekt, d. h. die Zecke will gar nicht an diesen Wirt und lässt ihn ziehen. Ist mir ja persönlich die liebste Wirkweise. Wenn die Zecke gar nicht erst Sticht, kann auch nichts passieren.
Zeckenschutz zum Einnehmen:
Seit kurzem gibt es auch Kautabletten, die gegen Zecken wirken (Bravecto, Simparica), sogar für 3 Monate und der Mensch bekommt beim Streicheln seines Vierbeiners auch nichts ab, da sich kein Wirkstoff (Fluralaner) im Fell absetzt...aber wie immer hat auch das einen Haken oder zwei: verträgt der Hund die Tablette nicht, hat er den Wirkstoff für 3 Monate im Blut. Der Wirkstoff ist wieder starkes Nervengift, das Flöhe, Zecken und Mücken bei der Nahrungsaufnahme tötet. Allerdings auch erst nach 48 Stunden. Da ist der Borelliosezug auf jedenfall schon abgefahren. Gegen verschiedene Mittelmeerkrankheiten aber immer noch ausreichend. Manche Hunde reagieren mit Magen Darm Beschwerden auf die Tablette. Weitere bisher unbekannte Nebenwirkungen sind möglich, da die Kautabletten noch nicht so lange auf dem Markt sind. Hört sich für mich jetzt erstmal so an, als würde mein Hund da noch als Versuchskaninchen herhalten. Die Kautablette ist also bequem, aber vor allem die möglichen Nebenwirkungen sind noch nicht ausreichend bekannt.
Alternativer Zeckenschutz:
Wie gerne würde ich jetzt schreiben: lasst die Chemie beim Tierarzt, Natur hilft auch mega gut! Aber wie oben schon angedeutet, ist das leider nicht der Fall. Wenn biologische Antizeckenmittel wirken, liegt das in der Regel am Hund, der vielleicht nicht besonders anfällig für Zecken ist und nicht am Produkt. Die einzige wirkliche Alternative zur Chemie scheint Kokosöl zu sein.
Teebaumöl, Geranienöl, Lavendelöl usw. stehen in dem Ruf Zecken abzuwehren. Das wäre theoretisch auch möglich, da sie geringe natürliche Wirkstoffmengen gegen Insekten enthalten. Allerdings müsste man den Hund damit schon fast überschütten. Ein Tropfen im Nacken reicht definitv nicht aus. Lavendelöl hat eine beruhigende Wirkung auf den Hund, aber auf die Zecke eher weniger ;) Und Teebaumöl finden wohl auch viele Hunde richtig doof. Bei dem ein oder anderen etherischen Öl kann es auch zu allergischen Reaktionen und Haarausfall kommen, ähnlich wie bei einem chemischen Mittel. Überzeugt mich jetzt nicht. Lavendelöl probiere ich höchstens mal zur konditionierten Entspannung aus...
Energetisch aufgeladene Metallplätchen schützen den Hund auch nicht. Genauso wenig wie Bernsteinketten. Es gibt keinerlei Nachweis auf eine Wirkung.
Kräuterhalsbänder wirken noch schlechter als etherische Öle, da der Wirkstoffgehalt noch geringer ist.
Was wirklich helfen soll ist Kokosöl. Grund ist die in hoher Konzentration enthaltene Laurinsäure. Reibt man seinen Hund gründlich täglich damit ein, besteht tatsächlich ein ziemlich guter Zeckenschutz. In anderen Quellen war auch zu lesen, das das einreiben 1x pro Woche oder direkt vor einem Spaziergang durch "Zeckenland" ausreicht. Ausprobieren würde ich sagen, Kunden von mir schwören drauf.
Und was macht jetzt der Hundetrainer?
Abwarten in erster Linie. Ich weiß ja noch gar nicht wie es sich um Goias Anziehungskraft auf Zecken verhält. Ich werde mir also die ersten Wochen genau anschauen, was da so im Fell von Goia los ist. Nach 2 Wochen sind wir ja auch beim Tierarzt zum Mittelmeercheck. Bei der Gelegenheit kann man direkt mal nachfragen, was der so empfiehlt. Wobei Chemie für mich eigentlich nur in Frage kommt, falls Goia sich wirklich als Zeckenmagnet entpuppt. Wenn nicht werde ich im Alltag Kokosöl ausprobieren. Das scheint mir für alle das Beste, wenn es funktioniert. Die wenigen verirrten Blutsauger werden einfach abgesammelt.
Wenn Chemie, welche? Ein Hund der Gift über sein Fell auf Kinder und Erwachsene überträgt, es am Ende im Bett und auf der Couch verteilt, muss nicht sein. Tabletten, die erst wirken, wenn schon viele Erreger übertragen sein können, machen für mich auch nicht wirklich Sinn. Würde ich mit Goia Urlaub am Mittelmeer oder anderen Risikogebieten machen, würde ich wohl zu einem Halsband tendieren. Wenn sie den Wirkstoff nicht verträgt oder aber ins Wasser möchte, kann man es ihr einfach ausziehen. Außerdem wirkt z.B. Scalibor auch zuverlässig gegen Sandmücken. Durch den Repellenteffekt dieses Halsbandes kommen diese und andere Biester gar nicht erst an sie ran. Dann wäscht man sich im Urlaub halt öfter mal die Hände...
Für den heimischen Schutz im Umgang mit meinem Sohn und Kundenkindern gilt: kein Gift im Fell!!! Aber ich bin Fan vom Repellenteffekt! Wenn schon Chemie, dann auch so, dass die Biester gar nicht erst an Goia ran kommen. Mal abwarten was der Tierarzt sagt... to be continued
Klassische Irrtümer und Mythen über Zecken
1. Zecken fallen von Bäumen.
Stimmt nicht! Zecken lauern im Gras, im Unterholz, unter Laub und in Büschen. Meist warten sie in Kniehöhe auf ihre Opfer und sind dabei sehr geduldig, denn eine Zecke kann 3 bis 5 Jahre ohne Mahlzeit auskommen.
2. In der Wohnung können Zecken nicht überleben.
Ja und nein. Die Braune Hundezecke ist hier eine Ausnahme. Sie kann lange Trockenzeiten überstehen, aber den deutschen Winter nicht. In Wohnungen kann sie aber überleben und auch Eier legen. In Zwingern oder Tierheimen kam es schon zu regelrechten Zeckenplagen.
3. Hunde in der Stadt bekommen keine Zecken.
Stimmt nicht! Zwar sind Hunde auf dem Land gefährdeter, aber auch in der Stadt lauern Zecken in Parks und Auslaufflächen.
4. Zeckenschutz ist nur im Sommer notwendig.
Stimmt nicht. Der gemeine Holzbock z. B. bekommt Hunger und erwacht aus seiner Kältestarre, sobald die Temperaturen ein paar Tage über 6°C gehen. Die Auwaldzecke ist noch kälteunempfindlicher, sie geht schon bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt auf die Jagd. Im Winter sind die Chancen eine Zecke zu bekommen zwar geringer, aber es ist nicht unmöglich. Die Hauptsaison für Zecken ist im Frühling und im Herbst. In trockenen Sommern verkriechen sich die Biester unter feuchtem Laub. Außer die Braune Hundezecke, die mag es warm und trocken. Die Zeckensaison beginnt in Deutschland ca. Anfang März und dauert bis ca. November.
5. Borreliose ist die größte Gefahr für den Hund.
Ja und Nein. Borreliose ist neben der Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) eine gefährliche Erkrankung für Mensch und Hund. Beim Hund bricht die Krankheit allerdings nur selten aus. Sie scheinen wie viele wilde Tiere, einen natürlichen Schutz entwickelt zu haben. In Gebieten wie Süddeutschland sind 35% der Zeckenpopulation mit Borrelien infiziert. Auch an FSME erkranken Hunde in der Regel nicht. Gefährlicher für den Hund sind allerdings die Hundemalaria (Babesiose) und das Zeckenfieber (Ehrlichiose). Beide Krankheiten werden durch die Braune Hundezecke übertragen und sind entsprechend an deren Verbreitungsgebiet gebunden. Wenn man seinen Hund mit in den Urlaub nach Südeuropa nimmt, sollte auf jedenfall an einen guten Zeckenschutz gedacht werden!
6. Hausmittel helfen, Zecken zu töten.
Stimmt nicht. Zwar sterben Zecken auch beim Einsatz von Öl, Nagellack oder Kleber. Doch im Todeskampf übertragen Zecken besonders viele Krankheitserreger an ihren Wirt. Also besser auf klassische Antizeckenmittel zurück greifen, den Hund regelmäßig absuchen und gegebenenfalls die Zecke schnell entfernen.
7. Zecken muss man raus drehen.
Stimmt nicht. Man kann Zecken einfach nach oben heraus ziehen. Am Besten wird sie mit einer dünnen Pinzette, so dicht wie möglich über der Haut des Hundes, gepackt und langsam nach oben gezogen. Es besteht eigentlich keine Gefahr das, der Kopf stecken bleibt, denn auch das ist nur ein Mythos. Was stecken bleiben kann, ist der Stechaparat der Zecke. Normalerweise reagiert der Hundekörper darauf mit einer leichten Entzündungsreaktion, die sich aber legen sollte. Die Reste der Zecke werden später abgestoßen. Wird die Entzündung nicht von alleine besser, ist ein Tierarzt aufzusuchen.
8.Zecken beißen den Hund am ganzen Körper.
Ja und nein. Wir haben ja schon gelernt: Zecken beißen nicht, sie stechen. Dafür bevorzugen sie dünne, haarfreie Hautstellen. Also seltener am Rücken, häufiger am Bauch und im Genitalbereich. Knapp die Hälfte, ca. 44% docken an Kopf und Hals an.
9. Eine Borrelioseimpfung hilft gegen Zecken.
Stimmt nicht. Sie schützt den Hund nur vor der Übertragung der Borrelien, da diese schon im Körper der Zecke abgetötet werden, wenn die Zecke anfängt Blut zu saugen.
10. Mehr Zecken wegen des Klimawandels.
Stimmt nicht. Es gibt zwar eine Zunahme an Zecken, das liegt aber eher an einem reich gedeckten Tisch. Also an der Zunahme von Wildtierpopulationen in Deutschland. Durch den Klimawandel sind die Zecken nur länger aktiv.
Quellen:
http://www.bestehunde.de/zeckenschutz-fuer-hunde.html
https://www.zecken.de/de/die-zecke
http://www.parasitenfrei.de/
https://de.wikipedia.org/wiki/Zecken
http://leswauz.com/2015/06/27/floh-zecken-schutzmittel-fuer-hunde-wie-schaedlich-sind-die-nervengifte/
Dogs Ausgabe März - April 2017
Partner Hund April 2017